Luis Schäfer

Doktorand

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Schellingstraße 9

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80799 München

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nach Vereinbarung

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Schellingstraße 3 RG

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Porträt von Luis Schäfer

Zur Person

9/2012—7/2013
Gasthörerschaft an der Hochschule für Film und Fernsehen München
2013—2021
Studium der Germanistik, Latinistik, Romanistik (Spanisch) und Erziehungswissenschaften (Studiengang: Lehramt Gymnasium)
10/2016—8/2017
Studentische Hilfskraft (Tutor) am Institut für Romanische Philologie (LMU München)
2017
Erste Staatsprüfung für Lehramt (Gymnasium in Erziehungswissenschaft, Allgemeine Pädagogik)
9/2017—8/2018
Freiwilliges Soziales Jahr mit kulturweit an einem Goethe-Prüfungszentrum in Argentinien (Eldorado, Misiones)
10/2018—9/2021
Studentische Hilfskraft am Schreibzentrum und dem Institut für Romanische Philologie (LMU München)
2021
Erste Staatsprüfung für Lehramt (Gymnasium) in den Fächern Deutsch und Latein (Frühjahr 2021) und Spanisch (Herbst 2021)
seit 10/2021
Doktorand im Internationalen Doktoranden Kolleg Philologie. Praktiken vormoderner Kulturen, globale Perspektiven und Zukunftskonzepte
03/2025
Einreichung der Dissertation (Disputation vsl. 06/2025)

Forschung

Promototionsvorhaben

Eigen gedicht wer mir zeschwer / Latin zetútschen ist min ger. Übersetzen als philologische und kulturelle Praxis am Beispiel des Apolloniusromans

Fach: Deutsche Sprache und Literatur des Mittelalters
Betreuer/innen: Prof. Dr. Beate Kellner (LMU), Prof. Dr. Claudia Wiener (LMU)

Übersetzungen stellen das Produkt einer genuin philologischen Praktik dar: Sie fußen auf einer intensiven Auseinandersetzung mit ihren jeweiligen Ausgangstexten, greifen dabei einerseits auf eine spezifische Überlieferungstradition zurück und schreiben diese andererseits fort. Dabei wohnt einer Übersetzung nicht nur ein sprachlich-philologisches Moment inne, sondern sie beinhaltet auch einen kulturellen Translationsprozess: Inwiefern werden Elemente älterer Texte als fremd wahrgenommen? Werden kulturelle Codes innerhalb des Prätextes kommentiert, getilgt oder durch Praktiken der eigenen Kultur ersetzt?
In diesem Spannungsfeld sollen die Übersetzungspraktiken und -konzepte der mittel- und frühneuhochdeutschen Apolloniusromane analysiert werden: Im Einzelnen sind dies Heinrichs von Neustadt Apollonius von Tyrland (um 1300) und Johannes Grundemanns ‚Leipziger‘ Apollonius (um 1465), die auf unterschiedlichen Fassungen der Historia Apollonii Regis Tyri basieren, sowie Heinrich Steinhöwels Apollonius (um 1460), der Gottfrieds von Viterbo Pantheon und die Gesta Romanorum als Vorlagen nutzt. Im Vergleich mit den lateinischen Prätexten sollen die Inszenierung der Erzähler als Übersetzer sowie die Rahmung der Handlung und der Umgang mit Handlungsstrukturelementen untersucht werden. Neben dieser Analyse des Umgangs mit dem Ausgangstext auf Makroebene sollen die Übersetzungspraktiken auf Mikroebene nachvollzogen werden: Wie werden die spätantiken Texte an die Erzählkonventionen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit angepasst und wie wird dabei mit kulturellen Codes verfahren?
Für den Ansatz der Dissertation sind gerade im Falle von Heinrich von Neustadt und Johannes Grundemann Vorarbeiten am handschriftlichen Material von Nöten: Die konkrete Fassung der Historia Apollonii Regis Tyri, die Heinrich von Neustadt als Vorlage nutzte, war bislang nicht identifiziert. Die neuerliche Sichtung und Auswertung von Handschriften führte dabei zu einem neuen Vorschlag für einen Vergleichstext; von diesem ausgehend können Heinrichs Übersetzungspraktiken nun erstmals ausführlicher beschrieben werden. Da Johannes Grundemann nachweislich den sog. ‚Leipziger‘ Apollonius direkt in den uns überlieferten Textzeugen übersetzte, lassen sich hier zudem über die Analyse der Handschrift (z.B. hinsichtlich (Unter-)Streichungen, Reformulierungen, Ergänzungen) weitere Erkenntnisse über dessen Übersetzungspraktik gewinnen.
Bei dem Vergleich zwischen Prätext und Translat sind zunächst Änderungen gegenüber der Vorlage von Bedeutung: Erweiterungen, Kürzungen, Tilgungen, Kommentierungen und Substituierung können einer Glättung von Brüchen in der Erzähllogik, aber auch einer Anpassung an die Lebenswelt und Erzählkonventionen des Mittelalters bzw. der Frühen Neuzeit (‚Mediävalisierung‘, lectio christiana) dienen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Heinrich Steinhöwel seinen Apollonius durch Anschluss an Alexander den Großen in die christliche Heilsgeschichte zu integrieren versucht oder die antiken Tempel den Ritualen christlicher Kirchen folgen lässt. Daneben finden sich Passagen der Verfremdung, etwa wenn Heinrich von Neustadt über Nennung arabischer Titel die Fürsten der Stadt Antiochia orientalisiert. Solche Veränderungen können, wie hier kurz gezeigt, Einsichten in die Strategien und das erzählerische Programm der Autoren gewähren. Daneben sind aber auch Textstellen aufschlussreich, die zwar sprachlich dem Ausgangstext eng folgen, jedoch über eine alternative Rahmung innerhalb des Textes oder durch den neuen historischen Kontext eine andere Bedeutung erlangen. So belässt beispielsweise Heinrich von Neustadt Apollonius’ Anrufung an Neptun im Text, rahmt diese allerdings als christliches Gebet. Heinrich konstruiert so einen Mischglauben zwischen Heiden- und Christentum und schafft den Ausgangspunkt, von dem sich Apollonius zu einem präfigurativen Heiland entwickeln kann.
Nicht nur durch besagte philologische Grundlagenforschung am überlieferten Material möchte die Arbeit neue Impulse setzen, sondern auch dadurch, dass Praktiken der Übersetzung – Schnittpunkt von Literaturwissenschaft, Linguistik und Kulturwissenschaft – neu beleuchtet werden. Dabei wird ein Bogen von der Methodik der älteren Philologie zu modernen Ansätzen der mediävistischen Literatur- und Übersetzungsforschung gespannt. Indem derart interlinguale und interkulturelle Translationsprozesse untersucht werden, wird die Arbeit insgesamt auch für benachbarte Fächer anschlussfähig.

Publikationen

  • (Annahme zum Druck, vsl. 2025) „Tyrus, Tarsus, Babylon. Ferne Orte und fiktive Städte zwischen Aneignung und Verfremdung in den Apolloniusromanen“; in: Bennewitz, Ingrid; Bastert, Bernd (Hg.): Die Stadt in Literatur und Kunst – Kunst und Literatur in der Stadt. Akteure – Konzepte – Interaktionen (JOWG 25), Wiesbaden: Reichert.
  • (in Vorbereitung, vsl. 2025; gemeinsam mit Korinna Gonschorek, Marco Pouget und Nikola Wenner, Hg.) Connected Philology. Interdisciplinary Perspectives on Transcultural Encounters. [Sammelband zur Konferenz Beyond Comparison: Towards a Connected Philology, 14.-16.06.2023 in München]
  • (in Vorbereitung, vsl. 2025; gemeinsam mit Marco Pouget) „Connected Philology. An Introduction“; in: diess., Gonschorek, Korinna; Wenner, Nikola (Hg.): Connected Philology. Interdisciplinary Perspectives on Transcultural Encounters.
  • „Teuflische Gegenspieler*innen in Heinrichs von Neustadt Apollonius von Tyrland“; in: BUCEMA Hors Série 14 (Anges et démons: les êtres spirituels au Moyen Âge et aux premiers temps modernes, hg. v. Sandy Maillard, Aminoël Meylan, David Moos, Mirko Pinieri, und Pauline Quarroz) (2024) o. S. <DOI: https://doi.org/10.4000/1346n>.
  • (gemeinsam mit Lilli Hölzlhammer) „Writing Fellows: Eine Analyse zweier Einsätze von Schreibtutor*innen in curricularen Seminaren“; in: Lahm, Swantje; Meyhöfer, Frank; Neumann, Friederike (Hg.): Schreiblehrkonzepte an Hochschulen. Fallstudien und Reflexionen zum fachspezifischen Schreibenlehren und -lernen, Bielefeld 2021, 289-304.<DOI: 10.3278/6004807w289>.

Vorträge (in Auswahl)

  • „Rewriting Ilion. Translation as philological practice in Medieval Romances of Troy“ im Rahmen des interdisziplinären Workshops „Reading Cross-Culturally: Transfer, Adaptation, and Reciprocity across Medieval European Narrative Cultures“ (LMU München, 03.-04.04.2025)
  • „Fuit rex...Ain kunig hieß. Philologische und übersetzungstheoretische Reflexionen zur Übertragung der 'Historia Apollonii regis Tyri' durch Heinrich von Neustadt um 1300“, im Rahmen des Forschungsseminar „Verjüngte Antike in Moderne und Gegenwartskultur und HistorMythos diachron, intermedial, interkulturell“ (Prof. Dr. Markus Janka, 21.06.2024)
  • „Einem Übersetzer über die Schulter schauen. Johannes Grundemanns translatorische Praxis im ‚Leipziger‘ Apollonius“, im Rahmen des XIX. Altgermanistisches Colloquium am Hesselberg (05.10.2023)
  • (gemeinsam mit Linda Jessen) „Erhalten, Geben, Einarbeiten, Reflektieren. Ansätze einer vierdimensionalen Modellbildung zuTextfeedback als strukturierendem Lehrprinzip“, im Rahmen Tagung „Textfeedback in Praxis und Forschung“ der gefsus, der GeWisS und des Forums Schreiben (09.09.2023)
  • Wie in das puch sey komen an? Methodische Vorüberlegungen zu Heinrichs von Neustadt Übersetzungspraktiken im Apollonius von Tyrland“, im Rahmen des Colloquiums der Lehrstühle Prof. Beate Kellner (LMU München) & Prof. Stephan Müller (Universität Wien) an der Universitätsbibliothek Breslau (30.06.2023)
  • „Wie ditz puech sey erdacht / Und in deutsch reyme bracht. Sieben Hypothesen zum Übersetzen als philologischer und kultureller Praxis in den Apolloniusromanen“ im Rahmen des XVIII. Altgermanistischen Colloquium am Hesselberg (06.10.2022).
  • „Begleitung von curricularen Seminaren durch (fachfremde) Schreibtutor*innen: Erfahrungsbericht und Zukunftsperspektiven“ im Rahmen des Kolloquiums des Schreibzentrums der LMU München (09.12.2021).

Lehre

Gehaltene Lehrveranstaltungen:

  • WiSe 2023/24: Proseminar Germanistische Mediävistik „Anspielung - Adaptation - Übersetzung. Antikenrezeption im deutschsprachigen Mittelalter“ (2 SWS, 6 ECTS, gemeinsam mit Marie Zöckler)
  • WiSe 2022/23: Proseminar Germanistische Mediävistik „Kudrun: Hochzeitspolitik statt heldenepischer Katastrophe?“ (2 SWS, 6 ECTS)
  • WiSe 2019/20, SoSe 2020, WiSe 2020/21, SoSe 2021: „Wie schreibe ich eine Hausarbeit? Einführung in das wissenschaftliche Schreiben“ (3 SWS, 3 ECTS)

Mitgliedschaften

  • Oswald von Wolkenstein-Gesellschaft
  • Internationale Vereinigung für Germanistik (IVG)
  • Assoziiertes Mitglied des Schreibzentrums der LMU München